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Artikel vom 25. November 2021

Gründerstory: Nachhaltiger Neustart – Von der Schifffahrt zum ökologischen Bauen

Brit Röttger

Nach ihrer Elternzeit gründete Brit Röttger Ende 2019 das Bauunternehmen mdn Loewin. Die Idee von nachhaltigem und ökologischem Bauen setzt sie gemeinsam mit ihrem Mann, einem Architekten, um. Foto: Tina Taege Business Fotografie

Was hinterlasse ich meinem Kind? Was lebe ich ihm vor? Als sich Brit Röttger in der Elternzeit diese Fragen stellte, kam sie zu dem Schluss, dass es kein Zurück in den alten Beruf gab. Nach 13 Jahren im Projektmanagement in der Schifffahrt hatte die 39-Jährige jede Menge Erfahrungen in den Bereichen IT und Betriebswirtschaft gesammelt. Auf die Gründungsidee aber kam sie gemeinsam mit ihrem Mann, einem Architekten. Das im November 2019 gegründete Bauunternehmen mdn Loewin GmbH steht für nachhaltiges und ökologisches Bauen. Und genau für die Art von Zukunftsfähigkeit, die die Kielerin ihrer dreijährigen Tochter vorleben möchte.

Brit, das Baugewerbe ist hart umkämpft und du bist dazu noch Seiteneinsteigerin. Woher hast du den Mut genommen, ausgerechnet in diesem Bereich zu gründen?

Mein Mann hatte sich in namhaften Architekturbüros schon länger mit ökologischem Bauen beschäftigt und war bereits auf dem Weg in die Selbstständigkeit. Außerdem sind wir Überzeugungstäter_innen und glauben, dass man ökologisch sinnvoller und nachhaltiger bauen sollte. Und wir erkannten schnell, dass wir uns perfekt ergänzen. Er bildet die technische Seite ab – und ich jenen Teil, von dem man im Architekturstudium wenig mitbekommt. Das Betriebswirtschaftliche, das Projektmanagement, Vertrieb und Strategie.

Dein Mann ist aber nicht Teil der GmbH?

Nein. Dann wäre er kein freier Architekt mehr. Sondern ein im Baugewerbe tätiger Architekt. Da ist die Kammer strikt. Deshalb habe ich die GmbH gegründet und er parallel dazu ein Architekturbüro. So sind wir maximal flexibel. Die GmbH kann auch mit anderen Architekt_innen zusammenarbeiten und mein Mann auch für andere Auftraggeber_innen. Aber vor allem können wir so gemeinsam unsere Haustypen vermarkten.

Gründerstory

Die Häuser von mdn Loewin haben ein Holzständerwerk, die Gefache werden mit stark komprimiertem Stroh gefüllt. Innen wird mit Lehm und außen mit Kalk verputzt, das macht sie witterungsbeständig. Unter dem angemeldeten Markennamen Granahus – das für großartiges Naturhaus steht – hat Brits Mann Haustypen in Holz- und Strohbauweise entworfen. Foto: Tina Taege Business Fotografie; mdn Architekt, Minh Duc Nguyen-Röttger

Erzähl mal, was sind das für Häuser?

Unter dem angemeldeten Markennamen Granahus hat mein Mann Haustypen in Holz- und Strohbauweise entworfen. Das ist unser Steckenpferd. Granahus steht für großartiges Naturhaus. Dabei nehmen wir den ökologischen Aspekt sehr ernst. Denn unsere Häuser haben ein Holzständerwerk, die Gefache werden mit stark komprimiertem Stroh gefüllt. Innen verputzen wir mit Lehm und außen mit Kalk, das macht sie witterungsbeständig. Und man hat ein tolles Raumklima und eine fantastische Wärmedämmung ohne Schimmelgefahr. Mit Stroh spart man zudem eine Menge Ressourcen. Im Vergleich zu Holz wächst es schneller nach – und ist günstiger!

Und wer übernimmt bei euch welche Rolle?

Die Bauleitung liegt natürlich beim Architekten. Mein Part ist das Projektmanagement. Dass wir im Budget und im Zeitplan bleiben. Wenn gewünscht, treten wir als Vermittler auf, bereiten die Auftragsvergabe vor und vermitteln Handwerker_innen und Lieferant_innen an den/die Bauherr_innen. Grundsätzlich kann die GmbH auch als Bauträger auftreten. Das habe ich so beim Gewerbeamt angemeldet. Ganz wichtig ist uns, dass wir uns  Zeit nehmen, um herauszufinden: Was möchte der/die Kund_in? Wie sieht sein/ihr Tagesablauf aus? Wir wollen, dass das Haus zum Leben der späteren Bewohner_innen passt.

Auch wenn ihr euch perfekt ergänzt: Hattet ihr externe Berater_innen?

Klar! Ich bin früh auf die hei. Hamburger ExistenzgründungsInitiative gestoßen. Das Telefongespräch mit Frau Bachmann und ihre gezielten Nachfragen halfen mir, alle Seiten abzuklopfen. Bei der hei. hat man immer eine Idee oder einen Kontakt, der einen weiterbringt. Viele Fragen werden so durch einen Anruf geklärt. Von den Seminaren aus dem hei.scheckheft zehre ich immer noch, das ist ja zwei Jahre gültig. Fantastisch, weil sehr praxisbezogen war z.B. „Finanzplan an einem Tag erstellen“. Da konnte ich direkt mit meinen Zahlen arbeiten. Auch „Vertriebserfolg ist kein Zufall“ bei Nicole Stroot, „AGB Gestaltung“ und „IT und Datensicherheit“ haben mir unheimlich weitergeholfen.

Gründerstory

Ökologisch sinnvoller und nachhaltiger bauen – diese Überzeugung teilen Brit Röttger und ihr Mann. Um diese Überzeugung nach vorn zu bringen, ergänzen sie sich perfekt in ihrer gemeinsam Arbeit. Während Brit das Betriebswirtschaftliche, das Projektmanagement, Vertrieb und Strategie abdeckt, übernimmt ihr Mann den technischen Part. Foto: Tina Taege Business Fotografie

Apropos Finanzplan: Muss man bei einer GmbH-Gründung im Baugewerbe nicht ziemlich in Vorleistung gehen?

Ja, wobei man mit dem Stammkapital seiner GmbH arbeiten darf. Ich kann davon also die Miete fürs Büro zahlen. Das unternehmerische Risiko ist bei uns natürlich eher hoch. Ich konnte ja erst Kund_innen akquirieren, nachdem ich die GmbH gegründet hatte. Und die Einnahmen fließen nicht sofort. Ein wichtiger Baustein bei der Akquise ist die Website, die ich selbst gestaltet habe. Denn da ist jede Menge Traffic. Hilfreich ist auch das Netzwerken mit Fachverbänden aus der Branche. Und natürlich die Tatsache, dass mein Mann schon länger am Markt ist und unsere Bauweise im Zuge der Klimadiskussion hoch relevant!

Ihr wollt also expandieren?

Wir wollen natürlich auskömmlich davon leben und die Zukunft unserer Tochter gestalten können. Aber nicht der Profit steht im Vordergrund, wir machen das wirklich aus Überzeugung. Wir wollen diese Bauweise bekannter machen. Und zeigen, dass es eine gute und preiswerte Alternative zum konventionellen Bauen gibt. Kurz: Wir wollen gut zu tun haben damit, Gutes zu tun. Und bald müssen wir uns dafür auch personell breiter aufstellen, denn die ersten Projekte rollen jetzt an.

Hast du einen Tipp für andere Gründer_innen?

Sich immer wieder auf die eigenen Stärken besinnen. Anfängerfehler vermeiden und das Timing für Entscheidungen gut überdenken. Sich beraten lassen – von Freund_innen und kompetenten Ansprechpartnern wie Handelskammer oder hei. Über das hei.gründerinnennetzwerk habe ich tolle Kontakte bekommen. Auch wenn alle etwas völlig anderes machen, stehen wir vor den gleichen Herausforderungen: Website, Akquise usw. Die wissen genau, wovon ich spreche. Ich weiß jetzt, dass man in die Selbstständigkeit reinwachsen kann. Ich würde sie nie mehr missen wollen. Und das Tollste ist, dass es für unsere Tochter normal ist, Häuser mit Stroh zu bauen. Weil wir es ihr vorleben.

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