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Artikel vom 04. Januar 2019

Sozialversicherung vs. Privatversicherung – Eine Entscheidungshilfe für Selbstständige

Gastbeitrag von Monika Borchert

Sie entscheiden sich nicht für eine Versicherung. Sie entscheiden sich für ein System! Foto: edu lauton via Unsplash.

Jeden Monat stellt sich einer unserer Seminar-Anbieter mit einem Gastbeitrag in seinem jeweiligen Fachgebiet vor. Pünktlich zum Jahresbeginn gibt uns Versicherungsexpertin Monika Borchert einige wichtige Infos zum Thema Absicherung für Selbstständige auf den Weg.

Egal ob Existenzgründer oder langjähriger Gewerbetreibender: Als Selbstständiger können Sie sich entscheiden, welchem System Sie Ihre private Absicherung anvertrauen möchten. Wie jedem Angestellten steht es Ihnen frei, Teil des Sozialsystems zu sein und unter den Mantel der Sozialversicherungen zu schlüpfen. Sie haben allerdings auch die Möglichkeit, Ihren Schutz etwas individueller durch die Kombination privater Versicherungsverträge zusammenzustellen. Auch eine Kombination beider Systeme ist bei der Realisierung Ihres persönlichen Versicherungsschutzes denkbar.

Kranken- und Pflegeversicherung

Kaum ein anderer Absicherungsbereich war in den letzten Jahren so medienpräsent wie die Krankenversicherung. Die Pflegeversicherung hatte sie als Pflichtversicherung dabei schon immer „huckepack“ mit dabei. Es verging kaum eine Legislaturperiode einer Bundesregierung, in der nicht an der einen oder anderen Stelle in der gesetzlichen Krankenversicherung „reformiert“ wurde, was in der Regel eine Kürzung der Leistungen mit sich brachte. Inzwischen wurde es auch zur Pflicht, in Deutschland krankenversichert zu sein. Daher stellt die Entscheidung für die Gesetzliche oder Private Krankenversicherung (GKV bzw. PKV) die erste Systementscheidung für die meisten Selbständigen dar.

Bei der Entscheidung für die Private oder Gesetzliche Krankenversicherung sollte man sich nicht vom Preis beeinflussen lassen. Foto: Rawpixel via Unsplash.

Bei der Krankenversicherung kann man den Unterschied beider Systeme sehr gut erkennen. Zählt bei der PKV Alter und Gesundheitszustand, ist es bei der GKV zum größten Teil das Einkommen, an dem sich der Beitrag orientiert. Regelt den Leistungsumfang der PKV der Tarif als Vertragsbestandteil, regelt ihn bei der GKV zum allergrößten Teil das Sozialgesetzbuch. Machen Sie bei der Wahl der Versicherung keinesfalls den Fehler, sich am Preis zu orientieren, den ein System aufruft. Vielmehr sollten Sie sich selbst die Frage beantworten, wie Sie im Krankheitsfall behandelt werden möchten.

Ein Überblick der Leistungen:

GKV

PKV

Unter Umständen beitragsfreie Mitversicherung von Kindern und Ehepartnern.

Familienmitglieder müssen mit separatem, zusätzlichem Beitrag abgesichert werden.

In der Regel direkte Abrechnung zwischen Arzt und Krankenkasse.

Abrechnung zwischen Arzt und Patient, Erstattung durch PKV gemäß Tarif.

Beitragsbefreiung in Mutterschutz und Elternzeit.

In Mutterschutz und Elternzeit besteht i.d.R. weiterhin Prämienzahlungspflicht.

Wechsel zu anderem Anbieter mit kleinen Einschränkungen problemlos möglich.

Späterer Wechsel zu anderem Anbieter nur bei entsprechend gutem Gesundheitszustand möglich.

Auslandsschutz nur eingeschränkt vorhanden.

Grundsätzlich weltweiter Versicherungsschutz, eventuell zeitl. Einschränkung bzw. vereinbarter Vertragsumfang.

Einstieg mit Mindestbeitrag ungeachtet des tatsächlichen Einkommens.

Beitrag nicht vom Einkommen, sondern von Leistungsumfang abhängig, frei wählbar.

Beitragszuschlag für Kinderlose in der Pflegeversicherung.

Kein Zuschlag

Beitragsentwicklung im Alter in erster Linie von dann gültiger Gesetzgebung und Einkommenshöhe abhängig.

Beitragsentwicklung im Alter durch Beitragsentlastungsplan, Altersrückstellungen und Tarifwechsel beeinflussbar.

Überwiegend gesetzlich eingeschränkter Leistungskatalog, jederzeit reformierbar, meistens Kürzungen, keine Anpassungsmöglichkeit an pers. Absicherungswunsch, z.B. Zahnzusatz.Optionstarife (Einstieg mit weniger leistungsstarken Tarifen, spätere Verbesserung ohne erneute Gesundheitsprüfung möglich), vereinbarte Leistungen vertraglich bis ans Lebensende garantiert.

Maximales Krankengeld abhängig von Beitragsbemessungsgrenze.

Krankentagegeld im Verhältnis zum Einkommen, nahezu unbegrenzt möglich.

Verschiedene „versteckte“ Zuzahlungen vorgeschrieben, z.B. Medikamente, Krankenhaus etc.

Zuzahlung nur entsprechend vereinbarter Selbstbehalte und Erstattungsgrenzen des Tarifs.


Wie errechnet sich der Beitrag für die gesetzliche Krankenversicherung und Pflegeversicherung bei Selbstständigen?

Für die Berechnung des Beitrages wird eine Reihe von verschiedenen Faktoren zugrunde gelegt:

  1. Allgemeiner Beitragssatz zur Kranken- und Pflegeversicherung
  2. Zusatzbeitrag der Krankenversicherung
  3. Ob mit oder ohne Krankengeld versichert wird
  4. Für die Pflegeversicherung Alter und ob Kinder vorhanden sind
  5. Brutto-Gesamteinkommen*

Brutto-Gesamteinkommen bedeutet hier:

  1. Gewinn aus selbständiger Tätigkeit (Mindestbeitrag (Umsatz 1.038,33 €) beachten)
  2. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
  3. Einnahme aus Kapitalvermögen
  4. Gründungszuschuss für Existenzgründer ohne die 300,– € Pauschale für die soziale Sicherung
  5. Weitere Einkünfte wie z.B. Unterhaltszahlungen und Gehalt aus nebenberuflicher Angestelltentätigkeit, Einkommen Ehepartner, wenn privat versichert (Ausnahmen beachten)

Beitragssätze in der GKV

Allgemeiner Beitragssatz

14,60%inkl. Krankengeld
ermäßigter Beitragssatz

14,00%ohne Krankengeld
Zusatzbeitrag

0,39%-1,6%abhängig von Krankenkasse
Pflegeversicherung

3,05%
Beitragszuschlag

0,25%für Kinderlose ab 23 Jahren

Quelle: https://www.krankenkassen.de/gesetzliche-krankenkassen/krankenkasse-beitrag/zusatzbeitrag/

Beitragsentwicklung GKV

Jahr

durschn. allgemeiner Beitragssatz

Höchstbeitrag GKVHöchstbeitrag Pflege ohne ZuschlagGesamtbeitrag
1970

8,20%50,31€50,31€
1980

11,40%183,60€183,60€
1990

12,50%301,98€301,98€
2000

13,50%445,21€56,06€501,27€
2010

14,90%558,75€73,12€631,87€
2019

15,70%712,39€138,39€850,78€
  • Durchschnittliche Steigerung des Höchstbeitrages zur GKV seit 1970 p.a.: 5,94%
  • Durchschnittliche Steigerung des Höchstbeitrages zur GKV der letzten 5 Jahre p.a.: 3,66%

Aufgrund einer Gesetzesänderung reduziert sich die Beitragsbelastung bei der GKV für Selbstständige erheblich

Der Beitrag errechnet sich bei Selbstständigen nicht nur nach dem Einkommen, es gibt immer einen Mindestbeitrag, auf Basis einer Mindesteinnahme. Diese wird gesetzlich festgelegt, ohne Berücksichtigung tatsächlicher Einnahmen. Die Mindesteinnahme betrug bis zum 31.12.2018, 2.283,75 € und wird zum 1.1.2019 auf 1.038,33 € pro Monat abgesenkt.

Damit reduziert sich der monatliche Pflichtbeitrag auf 151,60 € (inkl. Krankengeld) plus Zusatzbeitrag der jeweiligen Krankenversicherung plus Pflege auf 193,65 € monatlich (1% Zusatzbeitrag GKV und 3,05% Pflege).

Wichtig ist hierbei zu beachten, dass es zu einer Nachzahlung kommt, wenn die Einnahmen 1.038,33 € monatlich übersteigen. Mit Vorliegen des Einkommensteuerbescheides gilt der Beitrag auf Basis des tatsächlichen Gewinns (Einnahmen) rückwirkend und könnte je nach Zeitraum und Höhe des Gewinns einige Tausend Euro Nachzahlung ergeben. Zusätzlich wird der Beitrag auf Basis des Einkommensbescheides für die Zukunft angepasst.

Monika Borchert ist private Finanzplanerin, Versicherungsmaklerin und zertifizierte Vorsorgeberaterin mit über 30 Jahren Berufserfahrung. Im hei.scheckheft bietet sie kostenlos Beratung zum Thema „Vorsorge treffen: Viel mehr als Versicherungen“. Hier geht’s zum Scheckheft und zum Antrag. Foto: privat

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