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Artikel vom 14. Dezember 2020

Interview: „mit einer klaren Vision das eigene Personal Branding kreieren“

Interview Dr. Brunner

Authentisch und ehrlich eine bestimmte Vision für die eigene Gründung zu haben und zu leben, schafft Vertrauen bei Kund_innen und Konsument_innen. Foto: Brett Jordan via Unsplash

Als Gründer_in für seine eigene Idee und sein Produkt zu brennen und mit Leidenschaft davon zu erzählen, ist das Eine. Sich selbst aber mit seinen Fähigkeiten, seiner individuellen Persönlichkeit als „Marke“ zu verkaufen, eine ganz andere Herausforderung. Doch gerade im stark besetzten Markt der Coaches, Trainer_innen und Berater_innen kommt es darauf an, mit einer einzigartigen Personenmarke – dem eigenen „Personal Branding“ – aufzufallen. Und im Gedächtnis potenzieller Kund_innen zu bleiben. Neben Authentizität spielen dabei vor allem Faktoren wie Werte und Persönlichkeit eine große Rolle.

Dr. Christian Boris Brunner hat über 15 Jahre Berufserfahrung in verschiedenen Positionen in der Markenforschung, als Manager für Marketing und als Markenberater. Er beschäftigte sich mit den Themen Business Modelling, Persönlichkeitsentwicklung und Positiver Psychologie, bevor er vor einigen Jahren sein eigenes Unternehmen gründete. Im hei.scheckheft bietet er ab Januar 2021 u. a. ein Seminar zum Thema „Personal Branding“ an. Vorab gibt er schon einmal einen Einblick in das Thema.

Mit einer Idee rund um das Thema Coaching oder Beratung zu gründen, ist seit Jahren sehr beliebt. Für Außenstehende ist es deshalb häufig schwer, die Unterschiede in den Angeboten zu erkennen. Welche ersten Schritte sollte man also als Gründer_in selbst erstmal gehen, um sein „Personal Branding“ bzw. seine Einzigartigkeit mit Blick auf das eigene Angebot zu entdecken?

Oh ja, das stimmt absolut: Unterschiede deutlich herauszustellen und als einzigartig in der Fülle von nahezu austauschbaren Produkten oder Services wahrgenommen zu werden, ist eine wahre Herausforderung. Doch es kann gelingen. Viele Gründer_innen, mit denen ich über ihr Vorhaben spreche, denken sehr häufig direkt über ihr Produkt oder ihre Dienstleistung nach. „Ich möchte Coaching anbieten, um …“ höre ich da oft. Und dann möchten sie gleich mit Social Media Marketing anfangen. Weil aktuell fast alle davon sprechen, dass man sein eigenes Personal Branding damit aufbauen muss.

Ich empfehle in dieser Situation Gründer_innen gedanklich erstmal einen Schritt zurück zu gehen und stelle Ihnen folgende Frage: Warum gehst du zu Deiner Hausärztin? Kannst du beurteilen, ob ihre Leistung wirklich gut ist? Natürlich können wir das nicht. Aber wir gehen zu einer Ärztin, weil wir Vertrauen zu ihr haben. Und sicher sind, dass sie in unserem Sinne handelt. Und uns nichts verschreibt, weil sie vielleicht höhere Krankenkassen-Sätze damit abrechnen kann. Um das Produkt selbst geht es also nicht. Sondern um Vertrauen.

„Was ist deine Vision?“ Das ist das Zentrale, warum jede(r) Gründer_in überhaupt starten möchte. Und wenn Kunden wissen, dass du eine bestimmte Vision hast und auch lebst, dann baut das Vertrauen auf. Es wirkt ehrlich. Authentisch. Ich weiß, eine Vision ist oft zu Beginn einer Selbständigkeit nicht leicht zu benennen und ein längerer Prozess. Nichtsdestotrotz sehen wir, dass Gründer wie Walt Disney es geschafft haben, ihre Vision umzusetzen. Und viele andere Menschen und Mitarbeiter damit zu begeistern. So träumte Walt Disney von einem “place where the whole family could have fun and escape from the stresses of the real world”. Dabei ist die Vision niemals erreichbar. Sie gibt aber ganz klar eine Richtung vor. Gerade bei Coaches und Beratern ist die Persönlichkeit zentral. Wenn wir es schaffen, natürlich und authentisch nach außen zu sein, bauen wir Vertrauen auf. Unsere Mitmenschen spüren es, ob es Wirklichkeit ist oder aufgesetzt.

Deshalb empfehle ich in einem zweiten Schritt, die eigenen Werte herauszubilden. Das kann bspw. in Marken-Workshops geschehen. Zudem empfehle ich immer andere Menschen zu befragen, wie sie einen selbst wahrnehmen. Einerseits Freunde, die einen gut kennen. Andererseits flüchtige Bekannte. Frage sie konkret, welche Assoziationen sie mit mir als Person verbinden. Bei welchen Themen sie dich um Rat fragen würden. Und wo du wahrscheinlich die letzte Person wärst, die sie fragen. Hilfreich ist zudem in deiner Vergangenheit nach Mustern zu suchen. Die aufdecken, welche Themen sich bei dir im Leben wiederholen. Wofür du vielleicht gekämpft hast. Oder bei welchen Themen du dich für andere Personen besonders eingesetzt hast. Ich habe für meine Arbeit selbst diesen Prozess vollzogen und festgestellt, dass für mich die Werte „Leidenschaft“, „Freiheit“ und „Empathie“ immer sehr zentral sind.

Erst nachdem du die eigenen Werte für dein Personal Branding herausgestellt hast, solltest du dich mit deinem Angebot und der Kommunikation beschäftigen. Denn im Gegensatz zum Produktmarketing, bei dem ich ein Angebot nahezu genauso gestalten kann wie ich will, sind bspw. Berater oder Coaches eingeschränkter. Sie haben bestimmte Fähigkeiten und Skills sowie eine Persönlichkeit, die sie nicht groß ändern können. Deshalb sind die Fähigkeiten, Skills und persönlichen Werte die Basis und geben vor, wie ein Coach oder Berater_in auch später wahrgenommen wird. Ansonsten wirkt die aufgesetzte Kommunikation wie die Fassade eines schönen Hauses von außen. Das sobald man hineingeht jedoch noch im Rohbau ist oder ein komplett anderes Interior hat.

Die eigenen Werte stellen also die Leitplanken für das eigene Handeln und das zukünftige Angebot sowie das gesamte Marketing dar. Wenn ich bspw. Freiheit als Wert meiner eigenen Arbeit habe, dann sollten auch meine Bildsprache in den sozialen Netzwerken, meine Website und die gesamte Kommunikation dies ausstrahlen. Ebenso sollte mein Angebot flexibel sein. Und ohne Abhängigkeiten für meine Kunden. Damit ich den Wert auch wirklich in der täglichen Arbeit „lebe“.

Interview Personal Branding

Dr. Christian Brunner empfiehlt, sich authentisch in den Social Media Kanälen zu präsentieren. So wie man ist und mit den Themen, die einen persönlich beschäftigen. Dadurch zieht man automatisch ähnlich tickende Follower an, die sich verstanden fühlen. Foto: Dole 777 via Unsplash

Manchen Menschen fällt es schwer, ihre eigenen positiven Seiten und Fähigkeiten so richtig offensiv nach außen zu tragen. Oft sind die eigenen kritischen Stimmen im Kopf ja viel lauter. Was rätst du jenen, denen es eher schwer fällt, sich offensiv und gut nach außen zu „verkaufen“?

Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Gerade Gründer_innen, die introvertiert sind, müssen sich hier oft überwinden. Hier ist aus meiner Sicht die Content-Planung sehr wichtig. Zu Beginn denken viele Gründer_innen daran, wie sie auf ihr Angebot hinweisen können. Doch das ist an der falschen Ecke angesetzt.

Wichtig ist, dass du dich in die Situation deiner User Persona bzw. eines(r) typischen Wunschkund_in hineinversetzt. Welches Problem hat er/sie? Wie fühlt er/sie sich? Welche Themen beschäftigen ihn/sie im Alltag? Darauf aufbauend kann man Themenfelder bilden, die auf den ersten Blick gar nichts mit dem Angebot zu tun haben. Aber genau darum geht es. Menschen wollen verstanden werden und „nichts verkauft bekommen“. Meine Empfehlung ist deshalb bspw. auf Instagram oder Facebook sich ganz normal zu zeigen. Wie man ist und was einen beschäftigt. Dadurch zieht man automatisch ähnlich tickende Follower an, die sich verstanden fühlen. Man beschäftigt sich also quasi mit Themenfeldern um das eigene Leben herum. Die kritische Stimme im Kopf hat somit keine Chance durchzudringen.

Zu Beginn kann man dadurch bspw. bei Instagram oder Facebook die eigene Sicherheit gewinnen und über diese Themen diskutieren. Mit der Zeit ist es dann sinnvoll nebenbei darauf hinzuweisen, was man anbietet. Aus meiner Sicht sind dabei diejenigen die besten Verkäufer, die nie offensiv übers Verkaufen sprechen. Sondern über die Inhalte, die sie und ihre Zielgruppe betreffen. Aber ich gebe natürlich zu: In die Kamera sprechen und eine Story zu machen ist meistens erstmal Überwindung. Doch die eigenen Themen faszinieren die meisten Menschen so sehr, dass sie mit der Zeit dann diese als „künstlich“ wahrgenommen Situationen schnell vergessen.

Stichwort Authentizität. Gibt es klassische Fehler bei der Entwicklung der eigenen Personenmarke, die man unbedingt vermeiden sollte?

Der größte Fehler ist aus meiner Sicht der Folgende: Jemanden nach außen darstellen zu wollen, der du nicht bist! Und so zu tun, als hättest du keine Schwächen. Studien im Marketing haben bspw. ergeben, dass eine Marke, die eigene Fehler gegenüber ihren Kunden eingesteht und sich dafür entschuldigt, als sympathisch wahrgenommen wird. Bei Produktfehlern war teilweise die Bindung zur Marke sogar nachher höher (als im Falle von keinen Produktfehlern), wenn die Marke klar den Fehler zugab. Und bemüht war, eine Lösung für den Kunden zu finden. Wir dürfen menschlich sein, unsere Fehler zeigen! Denn genau darin, dass wir uns verletzlich und nicht perfekt zeigen, steigt die Sympathie von anderen Menschen zu uns. Denn ähnliche Menschen ziehen sich an. Und kein Mensch von uns ist perfekt! Darüber hinaus baut es Vertrauen auf. Denn andere Menschen wissen, dass du ehrlich zu ihnen bist, wenn mal etwas nicht optimal läuft.

Personal Branding

Dr. Christian Boris Brunner hat über 15 Jahre Berufserfahrung in verschiedenen Positionen in der Markenforschung, als Manager für Marketing und als Markenberater. Als selbstständiger Coach unterstützt er u. a. dabei das eigene Personal Branding zu kreieren. Foto: Jan Wassmuth, 2020

Abgesehen von Coaches, Trainer_innen oder Berater_innen: Empfiehlst du auch Gründer_innen mit anderen Vorhaben und Ideen, ein „personal branding“ zu entwickeln? Wenn ja, warum?

Absolut. Steve Jobs ist eines der besten Beispiele. Oder Lea-Sophie Cramer, die Gründerin von AMORELIE. Gründer_innen prägen ganz klar die Markenwerte eines Startups. Egal ob es Coaches, Trainer_innen, Berater_innen oder Startups sind, die physische Produkte darstellen. Wir alle kennen wahrscheinlich die Situation eines Bewerbungsgespräches. Selbst wenn man die Marke, für die man arbeiten soll, toll findet, denkt man trotzdem darüber nach, welche(n) Chef_in man zukünftig haben wird. Denn diese(r) prägt sehr stark unsere tägliche Arbeit. Genauso wichtig ist es, sich als Gründer_in authentisch zu zeigen. Sprich konkret die Werte zu leben. Als Gründer_in eines Startups hat man jedoch einen Vorteil. Man hat die tolle Möglichkeit, selbst die Werte im Umgang mit Unternehmenspartnern, zukünftigen Mitarbeiter_innen und Kund_innen zu bestimmen. Und ganz nebenbei: Kund_innen nehmen die Angebote eines Startups auch individueller wahr, wenn die Persönlichkeit der Gründer_in oder des Gründer-Teams sichtbar ist.

Und hast du einen Tipp für Gründer_innen, den du mit auf den Weg geben möchtest – vielleicht auch aus eigener Erfahrung?

Am Anfang einer Gründung wollen viele Gründer_innen perfekt starten. Das wollten wir mit unserem eigenen Startup ebenso. Meine Empfehlung ist hier aber vom Lean-Startup Gedanken zu lernen. Nicht perfekt sein wollen. Sondern sich Schritt für Schritt zu entwickeln. Das bedeutet viele kleine Schritte zu machen. Und kontinuierlich diese Schritte schnell zu gehen. Diese Methode kennen wir aus dem Design Thinking. Man justiert ständig und ist agil.

Genauso ist meine Empfehlung von Beginn an, klar die eigenen Werte herauszubilden und eine Strategie zu entwickeln. Dann aber bspw. mit der Kommunikation in einem sozialen Netzwerk zu starten. Und aus dem Feedback zu lernen. Stets zu optimieren und die User besser zu verstehen. Anschließend kann man dann einen weiteren Kanal nutzen. Auch ich wollte am Anfang zuviel auf einmal und habe gemerkt, dass „weniger“ am Anfang mehr ist.

Info: Ab 2021 bietet Dr. Christian Boris Brunner zwei Seminarthemen im hei.scheckheft an: „Personal Branding: Wie Sie als Coach oder Expert_in selbst zur Marke werden“ und „Brand Launch & Marketing-Plan: Der perfekte Start für Ihre Marke“. Der Antrag für eine Förderung durch das hei.scheckheft ist ab dem 1. Januar auf der Website der hei. abrufbar.

Das erste Seminar zum Thema „PERSONAL BRANDING“ findet bereits am 21. Januar 2021 statt und kann hier gebucht werden.

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