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Artikel vom 24. Juli 2023

Gründerstory: 3D-Mode (fast) zum Anfassen

3D Fashion Designer

Bessie Fay Rueß hat sich unter dem Namen BFR x LAB® in dem noch jungen Zweig als 3D Fashion Designer, Pattern Maker & CLO 3D-Artist selbstständig gemacht. Foto: Nadja Hansen, WHY

Als Head of Design bei „Venice Beach“ und „Brax“ war Bessie Fay Rueß die Karriereleiter bereits ein ganzes Stück nach oben geklettert. Doch dann kam die Modedesignerin mit „3D Virtual Fashion“ in Kontakt – und es machte Klick. Begeistert von den schier unendlichen, kreativen wie umweltschonenden Möglichkeiten, hängte die 44-Jährige noch eine Ausbildung dran – und etabliert sich mit ihrem BFR x LAB® in dem noch jungen Zweig als 3D Fashion Designer, Pattern Maker & CLO 3D-Artist.

Im Schnittentwurf war Bessie Fay Rueß fit wie kaum jemand. Doch das Modedesign-Studium an der Armgartstraße war zwar „fancy und aufregend, aber wir waren eher Künstler, Computer waren verpönt“. Schon während des Studiums experimentierte sie beim Sportwarenlabel „Venice Beach“ mit Materialien, unterstützte die Bekleidungstechniker:innen und stieg nach dem Abschluss schnell zur Designerin auf. Schon damals liebäugelte sie mit der Selbstständigkeit, aber dann lockte „Brax“ mit einer Position, die sie nicht ablehnen wollte.

Als Head of Design verantwortete sie die neue Golf- und Active-Kollektion – und pendelte acht Jahre zwischen Herford und Hamburg. Tolle Passformen, echte Schnittkoryphäen im Team, internationale Kooperationen – sie schien ihren Platz gefunden zu haben. 2014 geschahen dann zwei Dinge, die ihrem Leben eine neue Richtung gaben: Ihr Sohn wurde geboren – und sie kam bei dem Herforder Unternehmen über die Firma Assyst mit „3D Virtual Fashion“ in Berührung. „Als die Entwickler das Programm vorstellten, hatte ich Gänsehaut und wusste: Ich muss das machen“, erinnert sie sich. Aber: Es gab dafür keine Ausbildung.

3D Fashiondesign

Mit dem Programm CLO 3D transformiert Bessie Fay 2D-Zeichnungen in 3D-Modelle. Foto: BFR X LAB®

Eine ganze Kollektion in wenigen Stunden

Sie betreute ein 3D-Pilotprojekt, erkannte aber, dass sie mehr Rüstzeug brauchte, um nicht von der Schnittabteilung abhängig zu sein. Was folgte, war ein persönlicher Schnitt: Zurück zur Familie nach Hamburg und eine einjährige Vollzeit-Ausbildung an der AMD zur Schnittdirektrice – diesmal mit computerunterstützter Schnitterstellung. „Eine perfekte Basis für die weitere Ausbildung zur 3D-Artistin, das, was ich jetzt mache.“ Mit dem Programm CLO 3D transformiert Bessie Fay 2D-Zeichnungen in 3D-Modelle. „Du hast einen Avatar und kannst in Echtzeit Stoffe darüber ziehen, Abnäher anbringen, Details optimieren – in zwei Stunden hast du den fertigen Prototypen, früher brauchte das Wochen und zahllose Abstimmungen“, schwärmt sie.

Im Juli plant sie den Live-Gang ihrer Website. „Langfristig wird es im Modedesign jede Menge Hybridjobs geben – oder Tandems aus einem Schnittprofi und einem Designer“, ist die Gründerin überzeugt. Ihre Zielgruppe sind Marken, aber auch junge Designer:innen, die keine ganze Prototyp-Kollektion finanzieren können. „In wenigen Stunden kann man die Kollektion im Onlineshop zeigen, alles existiert virtuell und lässt sich on demand produzieren. Das spart Ressourcen, Geld, Zeit und logistischen Aufwand“, erklärt sie. „Bei mir kauft man den Digital Twin mit produktionsreifem Schnitt, und ab geht’s in die Herstellung.“ So verbindet sie die derzeit wichtigsten Marktanforderungen: Nachhaltigkeit und Schnelligkeit.

3D Fashiondesign

Mit dem Programm CLO 3 D erstellt Bessie Fay Avatare, über die man in Echtzeit Stoffe darüber ziehen kann. „In wenigen Stunden kann man die Kollektion im Onlineshop zeigen, alles existiert virtuell und lässt sich on demand produzieren. Das spart Ressourcen, Geld, Zeit und logistischen Aufwand“, erklärt Bessie Fay. Foto: BFR X LAB®

Mut und Klarheit – und nicht zu lange warten

Auch auf ihre Rolle als Gründerin hat sich Bessie Fay gut vorbereitet – und kam ohne Umwege zur hei. Hamburger ExistenzgründungsInitiative. Die Seminare lieferten ihr wertvollen Input: WordPress, SEO, Innere Widerstände, Logogestaltung, Pressemitteilungen schreiben und Sichtbarkeit standen auf ihrer Agenda. „Bis dahin war ich eine Social Media Leiche“, lacht sie. „Auch dass ich mich in jedem Seminar vorstellen musste, gab Klarheit und frische Impulse.“ An den hei.frühstücken schätzt sie die Impulsvorträge und vor allem den Austausch. „Teamwork und gegenseitiges Unterstützen – gerade wir Frauen brauchen das“, findet sie.

Ihren Start in die Selbstständigkeit konnte sie mit Hilfe ihres Partners selbst finanzieren. Derzeit erhält ihr Business Plan an der Creative Business Academy den letzten Schliff. Schließlich eröffnet die Vision „Handwerk meets Digital“ unendliche Möglichkeiten: Mit einer CLO 3D-Trainerin will sie Firmen beraten, wie man 3D Virtual Fashion integriert. Im Webshop die eigenen Maße eingeben und seinen Avatar stylen lassen – auch das könnte Bessie Fay mit ihrem Know-how umsetzen. „Erforschen, was gebraucht wird, sensibler dafür werden, was wir auf der Haut tragen, das ist eine Lebenseinstellung, in dieser Nische will ich arbeiten.“

Dass sie CLO 3D mit einem professionellen Schnittprogramm kombinieren und Schnitte exakt skalieren kann, ist eines ihrer Alleinstellungsmerkmale. Ihre Stärken als Vorreiterin zu kennen, gab ihr auch Rückenwind für die Selbstständigkeit. Mut, Klarheit und bei Gruppen wie den hei.gründerinnen vom Wissen anderer zehren, das rät sie anderen Gründer:innen. Und: „Irgendwann einfach loslegen, sonst ist die Idee veraltet oder nicht mehr besonders.“

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