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Artikel vom 16. September 2025

hei.expert:inneninterview: Mit Gabriele Albers vom Haus der Selbstständigen (HDS)

Wir freuen uns sehr, dass wir Gabriele Albers für ein hei.expert:inneninterview gewinnen konnten!

Gabriele ist beim Haus der Selbstständigen (HDS) in Hamburg aktiv und setzt sich mit großer Leidenschaft für die Interessen von Solo-Selbstständigen ein. Das HDS vernetzt, stärkt und berät und rückt Themen ins Rampenlicht, die viele betreffen: faire Honorare, bessere Rahmenbedingungen und mehr Sichtbarkeit.

Im Interview erzählt Gabriele, warum kollektives Handeln so entscheidend ist, welche Herausforderungen Solo-Selbstständige aktuell am meisten bewegen und weshalb es so wichtig ist, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen.

Ein inspirierender Einblick in die Arbeit des HDS – und ein klares Plädoyer für Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung in der Selbstständigkeit.

Foto: Henning Angerer

 

Hi, ich bin Gaby vom Haus der Selbständigen.

Neugier ist mein Markenzeichen – ich probiere gerne Dinge aus, die ich noch nicht kenne, egal ob im Supermarkt, auf Reisen oder beruflich. Geht auch mal daneben, sorgt aber dafür, dass das Leben aufregend bleibt.

Das Streben nach einer besseren und gerechteren Welt ist mein Erfolgsfaktor – egal ob für das Haus der Selbstständigen oder bei meinem ehrenamtlichen Engagement in der Politik. Ich bin davon überzeugt, dass wir es selbst in der Hand haben, Dinge zum Besseren zu verändern.

Meine Superkraft wäre es, Menschen dazu zu befähigen, sich besser in andere hineinversetzen zu können und dadurch mehr in Gemeinschaft und weniger in persönlicher Nutzenmaximierung zu denken.

 

Das Interview mit Gabriele Albers von Haus der Selbstständigen (HDS):

 

Moin Gabriele, du bist beim Haus der Selbstständigen (HDS) aktiv – was genau ist eure Mission dort, und wie unterstützt ihr Solo-Selbstständige ganz konkret? Und für alle, die euch noch nicht kennen: Was ist das „Haus der Selbstständigen“ eigentlich genau?

Das HDS ist ein vom Europäischen Sozialfonds und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördertes Projekt, das Solo-Selbstständige vernetzen, stärken, beraten und sichtbarer machen möchte. Es gibt Standorte in Leipzig, Köln, Berlin und Hamburg, die alle unterschiedliche Schwerpunkte haben.

Beim HDS Hamburg steht die Vernetzung der rund 50.000 Solo-Selbstständigen und ihrer Interessenvertretungen im Mittelpunkt. Dabei ist es egal, aus welcher Branche sie kommen und welche Erfahrungen sie mitbringen. Wichtig ist nur, dass sie davon überzeugt sind, dass man gemeinsam mehr erreichen kann als allein und dass sie bereit sind, sich dafür auch einzusetzen. Das HDS Hamburg bietet dafür die nötige Plattform und – zusammen mit den sechs anderen Projektpartner:innen – auch das passende Beratungs- und Qualifizierungsangebot. Damit die Solo-Selbstständigen endlich sichtbar werden und ihre Anliegen nicht länger ignoriert werden.

 

Viele Solo-Selbstständige erleben ihre Arbeit als ziemlich einsam – gerade wenn’s um Themen wie Rechte, Absicherung oder faire Bezahlung geht. Was sind aus deiner Sicht die größten Baustellen – und was können Betroffene tun?

Die größte Baustelle ist aus meiner Sicht das Thema Honorare. Wenn angemessene Honorare gezahlt würden, würden sich viele Probleme in Luft auflösen. Was man dagegen tun kann? Reden. Sich darüber austauschen, wie viel man verlangt bzw. wie viel ein:e Auftraggeber:in bezahlt. Und dann auch mal den Rücken gerade machen und sagen: Nein, dafür arbeite ich nicht – meine Arbeit ist mehr wert.

 

Du beschäftigst dich intensiv mit der Arbeitswelt von morgen. Wie verändert sich Selbstständigkeit aktuell – und was sollten Gründer:innen unbedingt im Blick behalten?

Gerade im künstlerisch-kreativen Bereich sehe ich einen Trend hin zur hybriden Erwerbstätigkeit: Viele Solo-Selbstständige haben nebenbei – oder auch hauptsächlich – noch einen weiteren Job. Das kann eine gute Möglichkeit sein, in die Selbstständigkeit zu starten oder auch, um die finanzielle Unsicherheit etwas zu lindern. Das Haus der Selbstständigen hat dazu gerade eine Studie veröffentlicht, die ich sehr empfehlen kann: eine_statusfrage_erwerbshybriditaet-im_kontext-_der_solo-selbststaendigkeit.pdf

 

Im HDS geht’s ja auch viel um Vernetzung und kollektives Handeln. Das klingt erstmal ungewohnt für viele Solo-Selbstständige. Warum ist genau das so wichtig – und wie kann das konkret aussehen?

Sich untereinander zu vernetzen, ist für viele Solo-Selbstständige eine Selbstverständlichkeit. Was für viele neu ist, ist der kollektive Ansatz. Wir vom HDS möchten die Solo-Selbstständigen motivieren, über ihr eigenes Business hinauszudenken und gemeinsam an Themen zu arbeiten, die sehr viele betreffen: Warum sind in manchen Branchen die Honorare so niedrig, dass man nicht davon leben kann? Warum scheint es normal zu sein, sieben Tage die Woche für Auftraggeber:innen zur Verfügung zu stehen? Warum werden Solo-Selbstständige, wenn sie denn bei der Gesetzgebung überhaupt beachtet werden, wie Arbeitgeber:innen behandelt?

Das sind alles Themen, die niemand allein lösen kann – die aber zu wichtig sind, um sich nicht darum zu kümmern.

Foto: Henning Angerer

 

Du hast selbst einen journalistischen Background – was nimmst du aus dieser Erfahrung mit in deine heutige Arbeit, und wie hilft dir das im Umgang mit Solo-Selbstständigen?

Vor allem meine Tätigkeit als Autorin hilft mir bei meiner Arbeit im HDS – weil sie mir sehr deutlich gezeigt hat, was falsch läuft. In Deutschland können 94 Prozent aller Autor:innen nicht von ihrer Arbeit leben. Gleichzeitig wird in Deutschland jedes Jahr ein Umsatz von über neun Milliarden Euro mit Büchern erzielt. Große Verlagshäuser erwirtschaften gute Gewinne, sehr viele Menschen, die in Verlagen, bei Buchhandlungen oder Zwischenhändler:innen angestellt sind, können davon leben. Nur diejenigen, auf deren Arbeit das gesamte Geschäftsmodell basiert, brauchen einen weiteren Job, liebevoll „Brotjob“ genannt.

Das sollten wir nicht als „normal“ hinnehmen. Ändern können wir das aber nur, wenn wir uns zusammentun und uns z. B. für Mindesthonorare stark machen.

 

Und zum Schluss: Was würdest du jemandem sagen, der oder die gerade in die Selbstständigkeit startet – vielleicht mit vielen Ideen, aber auch mit vielen Fragen? Was ist dein persönlicher Mutmacher-Tipp?

Selbstbestimmt arbeiten zu können, ist definitiv die schönste Form der Beschäftigung. Die damit verbundene Freiheit ist unbezahlbar, erfordert aber auch ein gewisses Maß an Struktur, Eigenverantwortung und Disziplin. Dabei gibt es nicht die eine richtige Art, selbstständig tätig zu sein. Wichtig ist, etwas zu finden, das zu einem passt. Und: Es gibt viele Maßstäbe für Erfolg. Der Kontostand ist nur einer – und nicht automatisch der wichtigste.

 

Vielen Dank an Gabriele Albers vom Haus der Selbstständigen (HDS) für das tolle Interview.

Mehr Informationen findet ihr unter www.hausderselbststaendigen.info.

 

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